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French Pass, Marlborough

Abel Tasman Nationalpark

Südinsel. Endlich. So viele Erwartungen, denen diese Insel nun gerecht werden muss. Kritische Reisende wie wir sind, kein leichtes Unterfangen. In Picton in den Marlborough Sounds kommen wir an. Da wir keine Eile haben, nehmen wir die Küstenstraße nach Westen. Der nächste größere Ort Havelock ist bekannt für seine Greenlip Mussels, aber wir kamen erst knapp nach 'last order' für Lunch an. Schade. Ergibt sich sicher noch eine Gelegenheit.

Und dann die Erwartungen: dünn besiedelt, 1,5 Mio. Einwohner, ungefähr so groß wie halb Deutschland, also fast menschenleer im Verhältnis zur Fläche. Das verspricht grenzenlose Freiheit. Die ist auch Ziel vieler Reisender, wie wir schnell feststellen mussten. Weit mehr als auf der Nordinsel. Die hatten es eilig und der Bremsklotz in grau war im Weg. Wir biegen rechts zum French Pass ab, einem Landzipfel in den Marlborough Sounds. In Elaine Bay stellen wir uns auf einem DOC Platz auf sumpfiges Gras. Der lange Steg führt in den Sonnenuntergang und im türkisfarbenen Wasser schwimmen Stachelrochen. A Traum.

Nach regenreicher Nacht stehen wir tief im Sumpf. Es regnet in Strömen als wir abfahren. Gegenüber auf der anderen Seite der Straße steht ein Rentnerpärchen am Fenster und observiert unser Ausparkmanöver. Wohlwollend wird meine nachträgliche Rasenpflege mit freundlichem Winken goutiert. Egal wo du bist, du bist nie allein. Fluch und Segen.

Der French Pass Zipfel ist landschaftlich toll, es geht so ca. 40 km auf Gravel Road mit Ausweichstellen bis zum Ende der Landzunge an einen Fähranleger. Mit Permit kann man auf der anderen Seite weiterfahren. Nochmal ungefähr 30 km. Aber das wird dann wieder komplizierter und bedarf für uns unrealisierbarer Planungen.

Mit der Zeit stellen wir fest, dass die Landschaft nun doch nicht so ganz anders ist. Die leidige Tradition des 'grassing, fencing, foresting' setzt sich hier unten nahtlos fort. Auch der French Pass wurde davon nicht verschont. Aber die Sounds, letztlich vom Meer überschwemmte Landmasse, sind eine Augenweide.

Da derzeit das Wetter gut ist, wollen wir zügig zum Abel Tasman Nationalpark kommen. Bei schönem Wetter macht die Wanderung mehr Spaß, was wir vorhaben, sind immerhin 26 km Laufstrecke. In der Gegend siedeln außerdem kleine baue Pinguine. Die sieht man selten, aber wenn man Glück hat, kann man sie beobachten, wenn sie nach der Futtersuche aus dem Wasser kommen. Die Hinweisschilder an der Straße sind immer willkommene Fotomotive. Kurz vor Mārahau zweigt es zum Split Apple Rock ab. Das ist eine Granitkugel, die vor Urzeiten in der Mitte gebrochen ist und fotogen im Meer in der Towers Bay liegt. Die Māori nennen sie Tokangawhā. Sie zerbrach, als sich zwei Götter um sie stritten. Nice.

In Mārahau ist der südliche Startpunkt vom 'Great Walk' Abel Tasman. Dort fahren auch die Boote ab, die Tagestouristen an bestimmte Stellen bringen und dort oder an anderer Stelle wieder abholen. Wir haben bis zur Bark Bay gebucht, ungefähr halber Weg. Von dort laufen wir zurück, besagte 26 km. Man könnte auch von Süd nach Nord den Nationalpark durchwandern, oder von Nord nach Süd, wie auch immmer. Dann müsste man alles für's Camping einpacken inklusive Wasser und Essen für drei bis vier Tage. Das letzte Mal haben wir das in Kasachstan gemacht, das war hart. Zurück könnte man dann ein Taxi oder ein Boot nehmen, oder etwas über 60 km zurück laufen. Wir finden den Kompromiss in jeder Hinsicht ok.

Morgens um 7:45 geht's los, polierte blaue Ford-Traktoren, eine ganze Flotte davon, mit Boot am Haken, fahren vor, wir steigen ins Boot, werden auf den Strand gefahren, der Käptn steigt ein, auf Rädern geht's ins Wasser. In Kaiteriteri müssen wir noch jemand abholen, das liegt hinter uns, und im Boot steigt die Nervosität unter den Passagieren. Reicht's dann noch zurück, was, wenn man schlapp macht? Der Käptn gibt Vollgas. Macht er immer, bestimmt, dann ist es so laut, dass man nicht Quatschen muss. Zur Entschädigung steuern wir den Split Apple Rock vom Wasser aus an, ein paar Geschichten werden erzählt, Fotos satt und eine knappe Stunde später knirschen wir in der Bark Bay auf den Sand. Interessant ist, dass man nicht auf jedem Strand halten darf, da einige in Privatbesitz sind. Im Nationalpark.

Wir checken die Distanzen. Um 13:30 Uhr sollte man in der Anchorage Bay sein, Da ist Ebbe, dann kann man durch den Schlamm laufen. Sonst muss man außenrum, macht dann nochmal knappe 4 km plus. Knappe 3 Stunden, 8,2 km. Erstmal vespern. Zum ersten Mal sehen wir Wekas, Laufvögel in braun, neugierig ohne Ende. Hatte Motivations-Brötchen gemacht, mit Blauschimmel-Käse und Lachs. Und dieses elende Vieh schnappt sich mein Brötchen und verschwindet damit zusammen mit Partner(in) in den Wald.

Über eine schöne Hängebrücke, die Falls River Swing Bridge, geht es durch den typisch neuseeländischen Wald. Tea trees, Silver Fern, Bushland und heimische Baumarten. Nach ca. 2 km schlappt etwas hinten an meinem linken Schuh. Es ist die Sohle, haha, sie löst sich langsam ab. Hatte ich schonmal erlebt, in Mexico im Copper Canyon. So wie hier auch, sonstwo in der Pampa. Mit Evas Haarband habe ich das Geläuf repariert. Kurz vor der Anchorage Bay geht das ganze auch am anderen Schuh los. Bevor wir durch die Flussmündung waten, gebe ich die Schuhe auf und werfe sie in einen Mülleimer. Ersatz hatte ich nun nicht dabei, nur vorsorglich Flipflops für den letzten Kilometer. Die müssen die restlichen 17 km durchhalten. Da hilft, dass der Weg annähernd barrierefrei gebaut ist.

Das Naturerlebnis lässt alles andere in den Hintergrund treten. Sehr wenige Menschen, Seehunde, Traumbuchten in Traumlandschaft. Die Wanderung ist aus unserer Sicht nur wegen der Länge anspruchsvoll. Aber ermattet sind wir dann schon, als wir am Ziel an der Māori-Statue posieren.

So ca. in der Mitte des NP gibt es einen weiteren Campingplatz, der mit dem Auto erreichbar ist, die Abel Tasman Coast Track Campsite. Angeblich stets überlaufen versuche ich, hinter Takaka noch einen Platz zu buchen. Aber das Internet ist legendär langsam bzw. nicht existent. Müssen wir vor Ort schauen, ob was frei ist. 16 km auf Gravel später die Antwort: jede Menge frei, fast leer der Platz, aber 10 NZD Extra-Gebühr für das Buchen vor Ort für 3 Tage.

Da mag ich in den Berichten dem Einen oder Anderen zu viel darüber erzählen, aber isch reg mich uff, wenn ich für jeden Handgriff extra zahlen muss. Der Ranger ist doch sowieso da und prüft die Anwesenheitsdaten täglich. Und kosten tut's ja auch sowieso nicht wenig für ein Plumpsklo. Von wegen grenzenlose Freiheit. Wie auf der Nordinsel werden die Camperströme auf kostenpflichtige Plätze dirigiert. Und das allgegenwärtige Fencing (umzäuntes private Länd) unterbindet fast jede Möglichkeit, frei zu stehen. Dafür gibt es dann die Freecamping Sardinendosen. Beengte Gratis-Plätze, auf denen sich die Juicy-, Travellers-, Maui -und Pacific Cost-Weißware stapelt ohne Privatsphäre. Und die meisten nutzen die Open-air-Toilette.

Spannend, wo doch alle hinten am Heck als blauen oder jetzt grünen Aufkleber materialisiert, das Heiligtum des NZ-Campings auf ihrer Karre spazieren fahren: das 'self containment certificate'. Das bedeutet, dass das Gefährt bis zu drei Tage autark sein muss. Das wird akribisch geprüft von authorisierten Stellen und überwacht von der Polizei und Rangern. Bei Verstoß sind wohl 200 NZD Bußgeld fällig. Was uns Kiwis immer erzählen: die Camper (nur Touristen) verrichten ihr Geschäft in der Natur. Vor COVID war das mal in der Presse: zuviele Touristen in NZ, man will die Backpacker und Budget-Traveller loswerden und Wohlhabendere in den Fokus nehmen. Seit COVID geht es NZ aber auch nicht mehr gut, die Wirtschaft lahmt. Der Masterplan sieht vor: mehr Touristen. Das muss all die nicht interessieren, die mal 4-6 Wochen durch's Land fahren und sich an der Natur ergötzen. Wir sind inzwischen 6 Monate hier und man lebt ja mit im Strom, redet mit so vielen Menschen und schaut sich um. Und alles nur wegen 10 NZD...😉

Selbstverständlich haben wir diesen Rant im Dialog entwickelt und den Ranger davon verschont. Der war total nett und klar, Unimog-Fan. 'You can go anywhere with it', meinte er. Und wir haben uns das Paradies gemietet. Was ein schöner Strand, gelb-orange-ockerfarben, schöne Sandkörnchen und dahinter die Tasman See. Vor Begeisterung geht mit uns das Sprungfieber durch. Der erste Tag geht erstmal für gammeln und gucken drauf.

Der nördliche Teil vom NP ist weniger stark besucht, eher wohl in der Hauptsaison. Jedenfalls sind wir alleine unterwegs zum Separation Point. Auf einem Strand schrecken wir einen Seehund auf, der auf einem Felsen in der Sonne gedöst hat. Trotz starken Windes am Separation Point kann man die Seehunde überall riechen. Sie liegen in der Sonne, suchen im Meer nach Futter oder, vor allem die Jungtiere, spielen im Wasser. Und an der Anatakapau Bay kann man verstörend schöne Bilder machen.

Im Stefan Loose Reiseführer ist der Abel Tasman NP bebildert drin, mit einem Paar, das locker die Rucksäcke über der Schulter, über den Strand in die Wildnis schlendert. Das war hier, jede Wette.

So war das im Abel Tasman NP. Ein absolutes Muss in NZ, denken wir. Bei schönem Wetter ganz besonders. Was vor lauter Buchten, Wald und Wasser völlig untergegangen ist, sind Bilder von den Fütterungen der Laufvögel auf dem Platz. Ist zwar verboten, aber was schert das Eva. Gehackt haben sie sich gegenseitig vor Gier, die Vögel, bis zu 15 waren eigentlich immer da. Und die Spatzen und Tauben, die sowieso.