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Unimog in der Dämmerung bei Tangaly

Ausfahrt Kasachstan-Süd

Der Abschied von Usbekistan fällt uns nicht leicht. Deshalb fahren wir für den letzten Tag von Taschkent zum Charvak-Stausee im Norosten. Da war es nochmal richtig schön und wir hängen am Robinson-Strand ab. Auf dem Rückweg zeigen sich die Vorboten des Herbstes. Das Heu wird eingefahren und auf Gas- oder die geliebten Kamaz-LKW verladen. Die machen ein Geräusch wie die Raumtransporter bei Star Wars und rauchen was das Zeug hält, die Kamaz. Ich bin Fan jedenfalls.

Bei der Grenze vertun wir uns. Der erste Übergang war für Fußgänger, der zweite für leichte PKW, was uns beim Aus-Checken des Fahrzeugs mitgeteilt wurde. Wir mussten umdrehen, Eva hat mich als obrigkeitshörig beschimpft, weil ich dem Zöllner keine geschmiert habe. An der dritten Grenze, 80 km weiter, wurden nur LKW abgefertigt. Eva musste zu Fuß über die Grenze (20 Minuten). Zum Glück wurden vor mir 20 grüne Stadtbusse aus China exportiert. Zusätzlich waren genauso viele LKW auch noch vor mir und so zog sich der Vorgang hin. Die Sicherungen sind mir durchgegangen, als ich bei der Ausreise einen weißen Zettel vorzeigen sollte, auf dem jeder Vorgang (Zoll Kfz, Passkontrolle, Inspektion Kfz) gestempelt wird. Dass ich keinen Zettel hatte, war allen wurscht. Dann ist es eskaliert. Über Grenzkontrollen und das tägliche Chaos schreibe ich mal einen gesonderten Bericht. Aber ein Schild mit Schritt 1 bis n wäre echt dufte.

Auf der kasachischen Seite der gleiche Mist. Immerhin mussten meinetwegen eine ganze Reihe 40-Tonner bei der Ausreise (5 auf 1 Spur) im Totalchaos rückwärts fahren, weil mir wieder ein Zettel fehlte und ich nicht raus durfte. Den Zettel bekommt man, wenn man einen langen Gang irgendwo entlang geht, durch ein Türchen rechts einen Raum betritt und dort sein Begehren, dass ich gar nicht kannte, artig vorträgt. Ein Zöllner hat das für mich dann erledigt und dafür eine Traube aufgrbrachter LKA-Fahrer vor seinem Fensterchen bei seiner Rückkehr in Kauf genommen. Gesamtdauer 6 Stunden.

Analog zu Usbekistan werden auch in Kasachstan Kamaz-LKW mit Heu beladen und röhren uns entgegen. Wir fahren den Syrdariya entlang, der zweite Fluss, der früher mal den Aralsee gespeist hat, auf der Nordseite. An einer Nutztiertränke nächtigen wir und bewundern die Kamele, Kühe, Pferde und Ziegen, die zum Fluss kommen. Zu dem Zeitpunkt rede ich mir noch ein, dass die Pferde alle dem Reiten dienen. Später wird uns klar, dass sie Teil eines Fleischgerichts werden, genannt Beschbarmak (бесбармақ).

Eva wäre nicht Eva, wenn unser Abstecher nach Kasachstan nicht gespickt wäre mit Lehmhaufen und Mausoleen. Station 1 Otrar, eine der wichtigsten Städte der Seidenstraße in Zentralasien. Hier starb Timur Lenk, der Begründer des Timuridenreiches (vgl. Samarkand).

Die Stadt beeindruckt durch ihre Größe und die teilweise restaurierten Befestigungsmauern. Sie war u.a. Zentrum der Keramikproduktion in Zentralasien. Mit dem Untergang der Seidenstraße und dem sukzessiven Ausfall des Bewässerungssystems ging die Stadt unter und verschwand im Sand der Steppe.

Nicht weit entfernt steht das Arystanbab Mausoleum, gebaut für einen Begleiter Mohammeds, der nach der Legende 400 Jahre später einen Prediger genannt Ahmed auserwählte. Nichtsdestotrotz ist es eine bedeutende islamische Pilgerstädte in Zentralasien und mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet. Schön ist die Holzdecke im Inneren und die für Zentralasien charakteristischen hölzernen Säulen.

Schließlich erreichen wir Türkistan, früher die Hauptstadt des kasachischen Khanats und berühmt für seine zahlreichen Mausoleen. Das imposante Mausoleum von Hodscha Ahmad Yasaw ist UNESCO-Weltkulturerbe und erinnert an die prächtigen Bauten von Samarkand. Daneben steht das Mausoleum der Tochter Uluk Beghs (der Astronom und Herrscher aus Samarkand, Enkel von Timur), Rabia Sultan Begum. Weitere heilige Bauten machen Türkistan zum wichtigsten islamischen Pilgerzentrum Kasachstans. 3 x Türkistan entsprechen einer Haddsch nach Mekka.

Von Türkistan fahren wir nach Schymkent. Dort gibt es eine Adresse für Autoversicherungen. Bei der kasachischen Fahrweise notwendig. Nur hat das Büro leider zu, da Wochenende. Durch weite Getreidefelder und malerische Landschaft fahren wir weiter ostwärts, entlang der kirgisischen Grenze. Kurz vor Taras besuchen wir das Mausoleum von Aisha Bibi (Herz-Schmerz-Story).

In Taras gibt's dann zum Glück trotz Sonntag eine Versicherung und nebenan ein gutes Restaurant. Im Laufe des Nachmittags erreichen wir Akyrtas, ein Palast aus großen Sandsteinblöcken, eine für die Gegend untypische Bauweise. Es wird vermutet, dass der Palast für einen arabischen Heerführer im 8./ 9. Jh. gebaut wurde, der aber in einer Schlacht umkam, weshalb es nie zur Fertigstellung kam. In der weiteren Umgebung stehen Befestigungsanlagen und Wachtürme. Außerdem sind Wasserleitungen vorhanden, die zu Quellen in den Hügeln führen. Die kann man mit dem Allrad-Mobil anfahren und hat dann auch ein schönes Offroad-Erlebnis obendrauf.

Endlose Weiten, Cowboys mit ihren Pferde-Herden und ein ständig wechselnder, betörender Himmel begleiten unsere Fahrt in Richtung Almaty. Aus Richtung China kommen uns Kolonnen geklonter MAN-LKW entgegen, die in Zentralasien zu Hauf herumfahren. Shacman sehen wie MAN aus und Howo wie Mercedes. Die haben sogar einen Stern vorne drauf, ohne Kreis drumherum.

Über die Eisenbahnlinie vom Kaspischen Meer nach Osten (heute Teil der neuen Seidenstraße) fahren wir ins Landesinnere zu den Petroglyphen von Tamgaly. Blutrot geht sie Sonne unter und bei schönem Wetter gehen wir am nächsten Tag, begleitet durch zwei Guides, zu den 5 verschiedenen Felsgruppen, die mit Petroglyphen aus Bronze- und Eisenzeit bedeckt sind. Hirsche, Pferde, Menschen, Jäger, Sonnengott-Figuren und sogar buddhistische Anlehnungen aus späterer Zeit sind in die Felsen graviert. Alleine hätten wir das nie gefunden. Ein kultischer Ort inmitten der kasachischen Steppe.

Jetzt sind wir bereit für Almaty, die Stadt der Äpfel. Die Reparatur in Taschkent scheint erfolgreich gewesen zu sein. Alles dicht, kein Öl tropft und keine Bremsflüssigkeit. Lediglich unsere Reifen wollen wir noch flicken lassen, da einige Risse in den Flanken stabilisiert werden sollten. Danach wartet dann Kirgistan, unser letztes Land in Zentralasien.