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Jungs am Uzunkul auf Eseln

Fergana-Tal

Das Fergana-Tal wird als das kulturelle Zentrum Zentralasiens bezeichnet und liegt auf den Gebieten von Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan. Von Taschkent aus erreicht man es, wenn man im Osten den Talas-Alatau überquert.

Unser Weg führte uns zunächst in das Gebirge des Talas-Alatau. Eher zufällig haben wir eine Stelle gefunden, an der man auf schmaler Piste in die Berge fahren kann. Ca. 60 km von der Hauptstraße entfernt liegt auf 2.800 m Höhe der Uzunkul-See. Dort ist es auch im Sommer angenehm kühl. Nur Hirten und Nomaden treiben sich hier oben herum und bewachen mit ihren Kindern die Schaf-, Ziegen- Kuh-, Pferde- und Kamelherden. Kaum erreichen wir einen schönen Platz mit englischem Rasen ein paar hundert Meter unterhalb des Sees, bekommen wir auch gleich Besuch. Kein Netz für den Google-Übersetzer und unterirdische Russischkenntnisse verkürzen die Besuchszeit merklich.

Der Platz verfügt über fließendes Wasser und eine ruhige Lage. Die Einheimischen stellen sich lieber oben an den See. Hier bleiben wir ein paar Tage, wandern, beobachten Ziesel, Adler und Geier, sowie das ganze Herdenvieh und machen ein paar Wanderungen zu weiteren Seen. Auch den Omnia (angeblich ein Camping-Backofen) packe ich mal aus, um ein Brot zu backen. Freunde werden wir nicht mehr, glaube ich, der Omnia und ich.

Damit wir nicht übermütig werden, muss natürlich auch wieder etwas passieren. Ich bemerke mal wieder Ölfluss an der bekannten Stelle und Wasser, das irgendwo aus der Kabine tropft. Was das Öl betrifft, war mir das schon in der Werkstatt fast klar. Dichtung falsch herum, Mann! Die Ursache für das Wasser liegt an einem defekten Boileranschluss. Das war schon vor vier Jahren in Marokko so, weshalb ich Ersatz mitgenommen habe. Übliche Arbeitsteilung: ich repariere und Eva überwacht die Arbeit.

Auf dem Rückweg den Berg hinunter spritzt das Öl mal wieder aus der Gummimanschette am Schubrohr. Da unser Reserve-Ölkanister noch halb voll ist, entscheiden wir uns statt Rückfahrt nach Taschkent für Speed-Fergana. Das Paket mit dem Bremssattel war ja auch noch nicht da und rumsitzen in der Hitze von Taschkent war keine Option.

Statt Kamelen erledigen die weißen Chevrolets die Aufgabe als Lastentier für Seide. Schwer beladene Autos bevölkern die Passstraße über das Gebirge hinunter ins Fergana-Tal. Die Teppiche aus Taschkent scheinen billiger als die Eigenproduktion zu sein...

Im Fergana-Tal wird in großem Stil Seide und Baumwolle produziert und weiterverarbeitet. Außerdem sind Melonen, Aprikosen und weitere Obstsorten sowie kunstvoll gebackenes Brot Verkaufsschlager am Straßenrand. Die rechte Spur habe ich seit Zentralasien die Melonenspur getauft. Dort niemals fahren. Man wird permanent ausgebremst von Marschrutkas (Kleinbussen) und Obstkäufern. Dann werden Melonen nach einem bestimmten System langwierig geklopft und weitere Obstsorten umfangreich verkostet.

Dem Khan-Palast von Kokand statten wir einen kurzen Besuch ab und fahren weiter nach Margilon. Dort gibt es eine Seidenfabrik, die wir besichtigen möchten.

In Margilon angekommen klopfen wir auch mal Melonen, stellen aber fest, dass die Dinger für uns zu groß sind. Sei's drum. Dort wo wir parken wurde wie üblich jeder Quadratzentimeter Parkfläche genutzt. Aber in jedem Auto sitzt jemand, und so kommt man auch wieder raus aus dem Meer aus Blech.

Die Seidenfabrik ist wirklich nett. Wir sind die einzigen Gäste und werden umfangreich betreut. Einer telefoniert für mich mit DHL in Taschkent. Das Paket ist da und wird beim Zoll blockiert.

Und dann kommt unser junger Guide, zeigt uns den Prozess vom Kochen der Kokons bis zum verarbeitbaren Seidenfaden, die Färberei und die verschiedenen Methoden des Färbens sowie die Vorbereitung des Webens und das Weben selbst. Dazu werden für Einzelanfertigungen die alten Webstühle aus Holz verwendet. Stolz erzählt er uns von den deutschen Webstühlen, die hier in Betrieb sind. Die stammen aus der DDR und wurden 1989 nach Margilon gebracht. Daneben laufen noch ein paar russische Maschinen. Auch drei neue chinesische Webstühle waren hier in Betrieb, die angeblich wegen zu hohem Stromverbrauch wieder außer Betrieb genommen wurden.

Hier ist Eva in ihrem Element. Atlas (reine Seide), Adras (Seide/Baumwolle), Ikat-Muster, Erkennungszeichen von Hand- und Maschinenarbeit, Seide und Synthetik. Soll mir recht sein. Unrecht ist mir, dass wir das Tischset für den 2m-Tisch brauchen, das sie später stolz zum Unimog trägt. Und Klamotten mit Ikat-Muster kommen nach unserer Rückkehr nach Taschkent natürlich auch noch dazu. Ich konnte leider keine Modelle für mich entdecken und mache eben alberne Gesten im Hausmantel der Usbeken.

Wir decken uns mit dem tollen Brot ein, überqueren den Syrdariya und fahren über das Gebirge zurück nach Taschkent.

Wir holen das Paket beim Zoll ab und fahren wieder in die Werkstatt. Aus der Unimog-Werkstatt in Gaggenau habe ich eine detaillierte Anleitung bekommen, in welcher Reihenfolge und wie herum die Dichtungen verbaut werden müssen. Ein Tag Werkstatt, routinierte Mechaniker und ein sehr kulanter Chef (er nahm alles auf seine Kappe) führten zu dem Ergebnis, dass Dichtungen und Bremssattel an der richtigen Stelle verbaut wurden und der Unimog jetzt hoffentlich bereit für die China-Durchquerung im September ist.

Es gab noch ein paar Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, u.a. das Historische Museum mit kleiner Abteilung zum Makedonier und einer Reminiszenz an die Größen Usbekistans, hier sei insbesondere der Arzt und Philosoph Ibn-Sina oder Avicenna erwähnt. Leider nagt der Zahn der Zeit ein wenig am Museum, ein kleines Update wäre schön, hat das Land doch so viel zu bieten. Selbstverständlich darf auch das Timur-Denkmal nicht fehlen, die Oper, das Mahnmal für das Erdbeben vom 26.4.1966, das fast die ganze Stadt zerstörte, und das schön gestaltete Mahnmal für den Sieg im Vaterländschen Krieg (WK II) mit den goldenen Namenstafeln für die Opfer Usbekistans. Zurück im Park erfreute uns ein Eichhörnchen beim Spiel mit seiner Nuss:

Zur Feier des Tages gibt es Torte und die Kaspereien sind der Erleichterung geschuldet, dass alle bekannten Schäden behoben sind.

Unser Plan ist, über Kasachstan nach Kirgisistan zu fahren. Ein paar Zwischenstopps wird es unterwegs geben. In Almaty besteht dann schließlich die letzte Möglichkeit, alle noch notwendigen Dinge zu besorgen, die wir für die Reise durch China brauchen.