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Blick auf den Ushba

Georgien - Svanetien

Ein neues Land, unklar was uns erwartet. Kilometerlange LKW-Staus vor der Grenze verheißen vermeintlich nichts Gutes. Wir fahren an schier endlosen LKW-Kolonnen vorbei und stehen vor der türkischen Ausreise.

Die Beifahrer müssen aussteigen und die Grenze zu Fuß überqueren. Ein Blick in's Innere und die Ausreise ist erledigt. Auf der georgischen Seite ist es nicht komplizierter. Ein freundliches Hallo, ein paar Panzer-Kommentare zum Unimog, Registrierung und schon sind wir in Georgien. Es empfiehlt sich, die obligatorische Versicherung für das Fahrzeug vorher online abzuschließen (www.tpl.ge). Zufällig treffen wir Caz und Jordan wieder, die Briten mit dem LDV. Geläutert von schlechten Erfahrungen, aber froh.

Eva randaliert, subtropische Temperaturen, keine Dusche. Die erste Übernachtung verbringen wir am Strand und buchen uns dann für zwei Nächte in die klimatisierte ORBI-World in Batumi an der Schwarzmeerküste ein. Wäsche waschen, ankommen, Handy-Vertrag bei Magti klar machen und die georgische Küche erleben, zunächst Khinkali (Teigtaschen). Ob die Mägelchen nach den Türkei-Erfahrungen das mitmachen?

Batumi wird zum Mega-Badeort gepimpt, ORBI scheint der Großinvestor zu sein. Überall Baustellen, auch im alten Teil der Stadt. Der ist sehr hübsch und erinnert ein wenig an das French Quarter von New Orleans.

Die Strandpromenade ist opulent, dort steht auch das Ali-und-Nino-Denkmal für DIE georgische Liebesgeschichte, Ali der Muslim aus Azerbeidschan und Nino, die orthodoxe georgische Prinzessin.

Dann geht es nordwärts Richtung Svanetien. Unterwegs halten wir an der siebtgrößten Talsperre der Welt, dem Enguri-Staudamm. Empfehlenswert ist die große Führung durch die Talsperre. Der Stausee liegt auf georgischem Gebiet, die Generatoren in der abtrünnigen Provinz Abchasien. Man hat sich arrangiert: Abchasien bekommt seinen Strom umsonst, der Rest, ca. 40% des georgischen Gesamtbedarfs, geht nach Georgien.

Unser Ziel ist ein Gebiet unterhalb des Ushba-Gletschers in der Nähe von Mestia. Da wollen wir rauf. Kühe und Schweine sind die Regel auf den Straßen, man muss immer uffpasse und bremsbereit sein. An jeder Ecke könnte so ein Viech seelenruhig auf der Straße stehen und sich keinen Milimeter von der Stelle wegbewegen. Hupen bringt auch nichts. Wenigstens haben sie Auslauf, die Geschöpfe.

Auf einer weitläufigen Wiese mit üppig Brennholz schlagen wir unser Lager auf. Abends besucht uns ein russisches Pärchen, das mit einer Freundin hier campt. Sie haben am 01.März 2022 ihr Land aus Protest verlassen und leben seitdem in Georgien. Unsere Unterhaltung war genauso erhellend wie bedrückend. Reflektierte Menschen, ohnmächtig und sarkastisch angesichts des Putinschen Wahnsinns.

Am nächsten Morgen rennen wir den Berg rauf zum Gletscher. Ein einheimischer Führer von vier Testosteron-Boys verpasst eine Abzweigung und wir hinterher, auf Geröll ein, zwei Kilometer den Berg rauf, umsonst. Da war was los. Letztendlich waren wir am Gletscher, die Drohne flog, aber drauf habe ich es wahrlich nicht. Sonst wären hier Filme, Bilder, Dokumentationen zu sehen. Aber schön war's. Georgien. Das Land der Bergsteiger. Und morgens grüßt das Rindvieh. Immer...

In der Nähe von Mestia campieren wir am Fluss. Zum Chaladi-Gletscher sind es nur ein paar Kilometer. Der ist richtig schön, das Eis himmelblau. Man bekommt die Illusion unberührter Natur. Der Fluss wird aus dem Geltscher gespeist, unglaubliche Eismassen türmen sich im Kaukasus-Gebirge.

Es geht weiter Richtung Ushguli, dem höchsten Dorf mindestens von Georgien, auf ca. 2200 m Höhe. Viele Wehrtürme sind erhalten. Darin haben sich die Bewohner mit ihren Familien verschanzt, wenn Blutrache oder Invasion anstand. Solche Dinger standen auch in Mani auf dem Peleponnes. Die Straße ist inzwischen unbefestigt, Unimog-Terrain. Einheimische machen das auch mit dem Opel Corsa. So sieht's aus, wenn der Westler krass offroadet...

Wir wollen auf den Shkhara-Gletscher, hier entspringt der Enguri (Talsperre), 7 km ein Weg, aber der Wetterbericht sagt Regen und Gewitter an. Ab 11 Uhr schlecht. Also rennen wir um 8 los, erreichen den Gletscher um 10:30 Uhr und rennen bei Regen wieder zurück. Zwei Italiener sind deutlich schneller als wir. Ergebnis: um eins liegen wir völlig fertig in der Karre und mir bricht das Schienbein fast weg. Aua Aua. Theoretisch kann man mit dem Mobil auch bis 2 km vor den Gletscher fahren. Aber die Herausforderung ist es doch, isn't it?

Der Regen wird stärker und wir fahren die Straße weiter über den Zagari-Pass (2.623m). Unterwegs treffen wir einen Wolf oder Puch aus Pforzheim, wir sind die einzigen an diesem Tag. Macht Spaß!

Irgendwann ist die Straße wieder befestigt, Kühe, Pferde und Stalin stehen an der Straße und schwupps sind wir in Kutaissi, der Zivilisation. Die Tage in Svanetien waren top. Muss man machen, wenn man schon mal hier ist.

Zwischenfazit: tolles Land mit extrem netten Menschen. Khinkali (Teigtaschen) probieren ist Pflicht, genauso dieses Hüftgold genannt Khachapuri (eigentlich Teigfladen mit nur Käse oder irgendwas fettigem, ggf. Ei dabei, oder Kartoffeln, aber dann schmeckt's auch wie 1.000 Kalorien). Außenrum gibt's eigentlich nur Fleisch, immer Fleisch, gerne gegrillt, oder Forelle mit 300 g. Also ein Gräten-Gericht. Aber dafür ist der Wein Extraklasse und das Bier ist auch akzeptabel. Oder das Kompott, viele verschiedene selbstgemachten Fruchtsäfte. Ab und an wird auch Pflaumenschnaps in rauen Mengen serviert. Der ist auch sehr schmackhaft. Was will man mehr...