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Blick vom Kloster Nekresi ins Tal

Georgiens Osten

Jetzt war der Bremssattel hinten defekt und wegen der Kompressorreparatur sollte auch das 4Kreis-Schutzventil und der Druckregler getauscht werden. Herrlich. Wieder eine neue Ersatzteil-Bestellung. Wer fährt denn schon diese ganzen Teile durch die Weltgeschichte?

Merex in Gaggenau hilft da gerne und kompetent. Die Lieferzeiten bei Bestellung über georgische Werkstätten drehen sich um die 4 Wochen. Also selber machen. Halbe Zeit.

Unterdessen wollen wir den Abano-Pass hoch, eher nur ich. Die Straße wird unter den Top10 der gefährlichsten Straßen der Welt geführt. Der Himmel strahlt, das Wetter top, Kühe baden im Straßengraben, der Tierabtrieb von den Almen Tuschetiens war in vollem Gange. Letzte Absolution im Kloster Alaverdi. Unterwegs auf Unimog-breitem Felsenweg quiekt es dann eindringlich von rechts. Alle Überredungskünste fruchten nicht. Wir drehen um :-( . Das war's für 2022. Der Wetterbericht für die Folgetage verheißt nichts Gutes. Zum Trost werden alle Käsereste in einem Topf zu Fondue verarbeitet. Ich mag lieber Raclette.

Stattdessen fahren wir gen Osten und zur Rache steuere ich jedes braune Schild mit Sehenswürdigkeiten an. Eva rächt sich mit exzessiver Hundefütterung, sobald wir irgendwo angehalten haben. In Nekresi kühlen wir uns mit einer Wanderung zum Kloster auf dem Berg ab, schauen auf die friedliche Ebene mit Weinbergen in den Sonnenuntergang und finden wieder unseren Frieden.

Durch endlose Weinberge fahren wir in die Region Kachetien zum Nationalpark Lagodechi (der älteste Georgiens) im Dreiländereck mit Russland und Aserbaidschan am Fuß des Großen Kaukasus. Es gibt dort Luchse, Wölfe, Bären, Adler, Geier, Steinböcke und Gämsen. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, die Laubwälder sind seit Jahrzehnten sich selbst überlassen. Gespenstisch schön und nur zu Fuß begehbar. Im Regen wandern wir zu einem Wasserfall. Beim Ranger lebt der letzte kaukasische Schneeleopard :-) .

Georgien wird ganz im Osten von Aserbaidschan umschlossen. Die Landschaft ist dünn besiedelt. Laubwälder und karge Landschaft wechseln sich ab. Wir besuchen das Eagle Gorge Natural Monument (oder არწივის ხეობის ბუნების ძეგლი), eine Schlucht, in deren Felsen viele Adler leben. Man kann sich über der Schlucht auf die Felsen setzen und die riesigen Vögel dabei beobachten, wie sie in Intervallen aus den steilen Felsen aufsteigen, ohne einen Flügelschlag nach oben kreisen, sich in der Luft sammeln und mit Beute wieder zu ihrem Nachwuchs zurückkehren. Haben wir noch nie gesehen. Die Zeit vergeht.

Dann steuern wir das Kloster Dawit Garedscha in der kargen Gebirgsregion des Bergs Udabno an. Es ist eines der östlichsten orthodoxen Klöster gewesen. Man spürt den Oktober, die Temperaturen fallen und das Wetter wird wechselhafter. Oft hört der Belag der Straßen abrupt auf, wechselt zu steinig bis erdig. Unangenehme Schlammschlachten beginnen bei einsetzendem Regen.

Die Ursprünge des Klosters waren in den Felsen gehauene Höhlen aus dem 6. Jh., die David, einer der dreizehn syrischen Väter der Christianisierung Georgiens veranlaßt hatte. Später wurde die Anlage vergrößert, um Kirchen und weitere Gebäude ergänzt. Ein ausgeklügeltes System sammelte Tau und den wenigen Niederschlag über die Felswände und Zisternen zur Wasserversorgung auf.

Die Abgeschiedenheit in der wüstenhaften Landschaft läßt einen die Entbehrungen der Mönche erahnen. Alles für die Religion...

Zurück in Tiflis feiern wir Evas Geburtstag, online mit Steffi und Ralph. Wir wollen uns mit dem Iran-Visum belohnen, das wir von unterwegs beantragt hatten. Der erste Versuch im Mai/ Juni war erfolglos. Jetzt hatten wir die Berechtigung, eines zu bekommen. Kein guter Moment, wenn man die Nachrichten liest. Wenn wir hier nicht bald wegkommen, sitzen wir wieder in der Sackgasse...