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Unimog von unten voller rotem Sand

Großes Reinemachen

Bei meiner Rückkehr bin ich extra über Hongkong geflogen, damit ich u.a. vier neue Stoßdämpfer mitnehmen konnte. 46 kg Gepäck waren erlaubt. Die habe ich vor dem Trip mit Bernhard noch eingebaut. Hab's mir echt schwieriger vorgestellt. Aber das war nur der Anfang. Schon allein der Blick auf's Unterschiff macht Angst. Alles rot von dem dummen Sand aus den mit Wasser gefüllten Schlaglöchern in Kambodscha, durch die ich mit kindlicher Freude durchgeplügt bin. Jetzt habe ich die Bescherung. Bei der Montage habe ich die Radkästen geputzt, später dann aber festgestellt, dass die Räder erneut runter müssen, weil nach wie vor der rote Sand überall klebt.

Dann habe ich die Beifahrertüre innen schweißen lassen. Die ist in Tadschikistan gebrochen. Angeblich eine Unimog-Krankheit. Noch eine. Danach war der Thermostat vom Kühler und der Temperatursensor dran. Das Kühlwasser wurde in Zentralasien immer so heiß und es könnte ja sein, dass das Ventil nicht rechtzeitig aufmacht. Wer weiß, vielleicht ist es ja seit 1990 drin. Bis ich das Loch gefunden habe, wo das Ding rein muss, hat es gedauert. Und Kühlwasser musste abgelassen werden, was ich selbstverständlich zu spät bemerkt habe 😵. Habe dann festgestellt, dass der Kühler von Salzmann in Rielasingen ist. Da haben Klassenkameraden Ferienjob gemacht, Kühler sandstrahlen. War ein Edeljob. Den habe ich nie bekommen, stattdessen in der Gießerei bei GF am Abschlagsband gestanden und mit dem Vorschlaghammer LKW-Achsen im Akkord bearbeitet. Flashback in Pattaya sozusagen...

Das letzte Gesellenstück war dann das Wechseln der inneren Dichtung vom Vorgelege vorne. Dazu muss das Antriebsrad runter, das ist das Zahnrad. Und nach dem Wechseln der Dichtung wieder drauf, mit Schraubensicherung eingeschmiert und 250 Nm angezogen. Hoffentlich habe ich da nicht gepatzt. Vor lauter Stolz habe ich den Deckel vom Vorgelege schwarz angepinselt, damit er schön aussieht für den Moment.

Die Anforderungen in Neuseeland und Australien an die biosecurity inspection sind schon ziemlich hoch. Kein Dreck und kein biologisches Material darf zu finden sein, welches die Umwelt im Zielland beeinträchtigen könnte. Im Netz kann man Schauergeschichten lesen von missglückten Putzaktionen und den Konsequenzen. Seltsamerweise häufig von Motorradfahrern. Eimer Wasser drüber und schrubben, verstehe das nicht ganz. Egal, meine Taktik war, der erste Eindruck muss stimmen. Drum Farbe drüber, wo putzen zum Lebenswerk wird und Roststellen beseitigen. Bei knapp 40°C und Luftfeuchtigkeit um 80% ging das maximal von 6 -10 Uhr morgens und nachts.

Als ich mit Bernie unterwegs war, habe ich mich gefragt, warum ich die vordere Dichtung am Vorgelege nicht gewechselt habe. Zurück in Pattaya hat es dann auch da wieder rausgesifft. Also wieder Rad und Nabe runter, und Dichtung wechseln. Geht eigentlich flott, die neue Dichtung draufmachen ist trotz Montierfett ein ziemliches Gefummel.

Dann kam die Mipa-Farbe zum Einsatz, die ich in Dubai gekauft habe. Zwar der richtige Farbton, aber nicht ganz das richtige Material. Aber egal, Grundierung drauf und Farbe drüber. Daheim geht das alles besser, aber unter den Bedingungen bin ich zufrieden. Den Innenraum im Fahrerhaus habe ich dann auch ganz gut hinbekommen, wohlwissend, dass es nur für den Moment gut aussieht.

Inzwischen kristallisierte sich auch das Reiseziel heraus. Die Verschiffung nach Australien war noch teurer als nach Neuseeland, also geht's zu den Kiwis. Von keiner Verschiffungsfirma gab es aber eine konkrete Terminzusage. Auch ob RoRo (Rollon Rolloff) oder Flat Rack (Container ohne Wände und Deckel) ist ein unlösbarer Konflikt. Ersteres ist günstiger, aber beinhaltet, dass man die Schlüssel abgeben muss, die Karre von Dritten auf und von dem Schiff gefahren wird, und persönliche Gegenstände weder in der Fahrerkabine noch im Aufbau erlaubt sind. Auch hier endlose Schauergeschichten im Netz und von den Anbietern von Schiffspassagen. Schwer verständlich. Letztere Beförderungsart ist teuer. Das Flat Rack ist 40 Fuß lang und wird auf Container draufgestellt. Alles kann im Fahrzeug bleiben.

Zeitweise war ich RoRo-Fan und habe mir deshalb ein tolles Schloss-Konzept ausgedacht. Einen Tag lang habe ich Schlösser gewechselt, und am Ende hätte der RoRo-Fahrer nur vorne rein gekonnt und hinten wäre zu gewesen. Am Ende wurde es die Flat Rack Option bei SeaflyServices. Bei denen hatte ich zumindest den Eindruck, es kann was werden. Das war im März.

Beim Hochliften des Ersatzrades mit meinem Flaschenzug hat mein Rücken komische Geräusche gemacht. Danach hatte ich zwei Wochen lang Schmerzen. Beim Thai ums Eck gab es einen 1-Tonnen-Kran für kleines Geld. Seitdem geht das Heben und Senken spielend. Mal wieder falscher Ehrgeiz.

Und wie das so ist, man denkt, man ist fertig, schnell noch mal den Batteriekasten checken, 😵‍💫. Oder die Staukisten, auch 😵‍💫. Oder die Lichter, Motor, untenrum, ebenfalls 😵‍💫. Schnell nochmal zur Autowäsche, danach noch eine mehrstündige Session im Selfservice. Wohlgemerkt, das zog sich über Wochen.

Dabei habe ich auch verstanden, warum die Höhenverstellung des Abblendlichts nicht mehr funktioniert. Billig ist das Zeug ja nicht, aber die Qualität wenigstens. Nach 5 Jahren alles kaputt. So wie der Lichtschalter, der hat nach 34 Jahren den Geist aufgegeben, und die Lampe vom Suchscheinwerfer ist mir auch kaputt gegangen. Wieder 100 € für Weltkriegs-Technik. Schon wieder 😵‍💫.

Aber dann stand er da, sauber bis ins letzte Detail, wer weiß, wieviele Bürsten ich kaputt geschrubbt habe, 4 Nachfüllpackungen Spüli verarbeitet, meine Hände und Knöchel wund, Rücken schmerzt, aber sauber war er. Alles musste physisch beseitigt werden. Nachts habe ich vom Heißwasser-Diesel-Kärcher beim Roten Kreuz im Zivildienst geträumt. Vielleicht hätte der das rote Zeug runter bekommen?!

Das beste zum Schluss, bei 40°C innen sauber machen. Da muss man beim Streichen aufpassen, dass der Schweiß nicht zu üppig auf das Gestrichene tropft. Neues Bücherregal, die versiffte Küchenverkleidung runter, streichen, innen alles sauber machen, Packliste erstellen, die später keiner sehen will. Doppelte Portion beim Thai ums Eck, dazu Chang Bier satt, das täglich' Brot. Bei Regen habe ich den Unimog mitten in den Hof gestellt, Passivwäsche sozusagen.

Ich wurde dann relativ kleinlich, kurz vor der Verschiffung noch Rost auf dem Kühlergrill entdeckt. Nicht mit mir! Schließlich habe ich mognomaden noch bei David auf der Pinnwand verewigt und bin ihm mindestens genauso lange dankbar, seinen Hof für dieses Unterfangen nutzen zu können. PloddStop by David Goodchild. Die Werbung hat er verdient 🤙

Parallel zur Putzerei musste ich mein Visum verlängern. Dazu brauchte es vier Anläufe. Fazit: am besten nie mit Einladungen arbeiten, da gibt's zu viele Fragen. In ein Hotel für eine Nacht, Adresse verwenden, dann ist alles unproblematisch. Und nie zu früh da sein. Da bekommt man dann einen Termin eine Woche vor Ablauf des Visums. Dann hat man wenigstens keine Zeit, irgendwas zu organisieren, würde man abgelehnt. Geklappt hat's dann doch. Genervt war ich, weil es jedesmal 26 km mit dem Fahrrad hin und zurück war, bei besagten 40°C. Hab trotzdem alle lieb, auch die fahrenden Garküchen, die gerne aus Einfahrten unvermittelt vor den Unimog gehüpft sind. Und Songkran, das Wasserfest (Neujahr), das ein Wochenende dauert. Außer in Nong Prue, Pattaya und Laem Chabang, wo die Schifflein fahren. Da dauert es eine Woche, mit Vorbereitung und dem Kater danach fällt die Seefahrt für Normalsterbliche aus. Drum wurde es dann Mai, bis der Unimog auf's Schiff durfte...

Dann war es so weit, doublecheck oben und unten, sieht gut aus, nochmal bei einer Waschanlage in Laem Chabang eine symbolische paranoide Putzaktion, dann rauf auf's Flat Rack, festzurren, verpacken, auf was für Ideen die Thais so kommen, und ein kleiner Ausflug in die Zollbürokratie. Wollte das Carnet de Passage gestempelt bekommen, aber der Beamte hat sich nicht getraut am Freitag. Chefin schon im Wochenende. Und ich in Bangkok ab Freitag. Also nochmal Auto mieten, am Montag 130 km zurück fahren, dann hat er sich getraut und damit war das Abenteuer Verschiffung nach knapp 3 Monaten erfolgreich beendet. Ich würd's niemanden empfehlen. Es sei denn, seine Kiste passt in einen Container...

Und dann fehlen noch zwei Zeilen Hommage an meine kleinen Freunde. Die Echse, die mich durch die Stoßdämpferaktion begleitet hat, die Kröte, die so gerne unter meinem Putzeimer gelebt hat, die räudigen Straßenhunde, die mich bei meinen Spaziergängen so gerne angebellt haben (hab sie lieb und sie tun mir leid), das Kätzchen vom Markt im Korb und mein Tausendfüßler. Der ist unter den Reifen gekrochen und ich wollte ihn erst überfahren, weil er so eklig ist. Aber das geht ja nicht. Wir sind Freunde geworden, jeden Tag kam er vorbei zum gucken, der Kollege.

Endlich geht's wieder los. Mit leichtem Gepäck auf dem Landweg so weit es geht Richtung Auckland. Mal sehen, wie weit ich komme. Am 17.05.2024 kam der Unimog auf's Flat Rack, das Schiff soll am 22.05. ablegen und am 09.06. in Auckland sein. Wer's glaubt, wird selig.

Und die gute Nachricht zum Schluss: Eva geht es wieder gut 🥰. Wir sehen uns am 05. Juni in Auckland wieder. Dann sind wir unserem großen Ziel schon ganz nahe. Gemeinsam Australien erreichen, und vorher am Ende der Welt noch schöne Monate verbringen.