Es ist inzwischen Ende Oktober, wir sind jetzt seit fast 5 Monaten in NZ und waren noch nicht auf der Südinsel. Im Dezember wollen wir nach Australien verschiffen. Es wird also Zeit. Auf Kurs 180° passieren wir auf halbem Weg den Mount Ruhapehu und den Schicksalsberg, Mount Ngauruhoe des Tongariro-Massivs. Das Wetter ist leider immer noch zu kalt, um den Tongariro Crossing, einen der 7 Great Walks, zu laufen. Wie immer behalten wir uns das für den Rückweg auf. Kuh- und Schafweiden, grüne Hügel, Getreidefelder und Weinreben bestimmen das Bild (in der Reihenfolge).
Klar kann man nicht einfach nach Wellington fahren. Heimlich wird man umgeleitet und befindet sich dann in einer unwirtlichen Gegend, Luftlinie unweit von Wellington. Hier ist das Scenic Reserve Putangirua Pinnacles. Mein Herz geht auf. Zwei Wohnwagen mit Kiwis von der Südinsel, und sonst kein Mensch. Dazu Feuerstellen und am Strand Treibholz ohne Ende. Wenn das keine Steilvorlage für begeisterte Pyromanen darstellt. Und dann ein Sternenhimmel vom Feinsten. Traum.
Am nächsten Tag wandern wir in die Pinnacles rein. Das sind, in meinen Worten, aus Sand und Dreck, Kies und Geröll zusammengepresste Formationen, die durch Erosion und Wasser so geformt wurden, wie sie sind. Erst sind wir zu den Aussichtspunkten, danach aber entlang des Flusses rein in die Schluchten. Da wird's uns durchaus mulmig, die Dinger sehen nicht mehr so richtig standfest aus. Und das Geröll außenrum ist der Beleg für einige Felsstürze in der jüngeren Zeit.
Ich glaube, auch in Europa schon vergleichbares gesehen zu haben. Trotzdem sind wir da, und die Touristenkarawane, die im Laufe des Vormittags eintrifft, auch. Aber alles in Maßen und bei schönem Wetter umso schöner. Der Grund ist, dass hier auch Szenen aus LotR gedreht wurden. Irgendwas mit Dimholt Road. Kenner wissen Bescheid.
Einige Kilometer östlich gibt es große Seehund-Kolonien. Die stinken gewaltig und man kann vom Weg aus riechen, wo sich welche tummeln. Eva ist voll in ihrem Element. Egal wo man läuft, kommt hinter einem Busch ein Seal oder zwei herausgehoppelt, aus Neugierde oder beim Spielen mit den anderen. Aber der Geruch kommt auch von den Kadavern gestorbener Jungtiere, die nach der Geburt nicht lange überlebt haben. Die kann man auch überall sehen. Trotzdem scheinen die Kolonien groß und ihre Bewohner gesund und munter zu sein.
Nicht weit von hier, etwas weiter östlich, am Ende der Straße, liegt Cape Palliser. Es ist der südlichste Punkt der Nordinsel. Auf einem Felsen steht am Ende einer elendslangen Holztreppe der Leuchtturm des Kaps. Man schaut auf den Eingang der Cook-Straße und kann am Horizont schon die Südinsel erkennnen. Wir übernachten noch einmal an den Pinnacles und fahren dann am nächsten Tag nach Wellington.
Durch bergiges Gebiet mit steilen Rampen brauchen wir doch noch einige Zeit, bis wir in Wellington ankommen. Unterwegs fighte ich mit Logging Trucks (Holzlastern). Bergauf sind sie schwer und kommen bei längeren Steigungen nicht voran. Bergab aber gilt Kiwi-Gesetz: hol alles raus aus der Karre. Dann liegt sie da, die Hauptstadt der Kiwis, unten im Tal, realtiv eng, wie immer überall Häuser, wo man eines hinbauen kann. Und strömender Regen. Ums Eck in Wellington ist die Trickabteilung von LotR, Weta, und der Einfachheit halber wurden Teile der Filme um Wellington herum oder in Wellington gedreht. Die haben wir erkundet, auf dem Buckel mitten in der Stadt bei strömendem Regen. Ich gebe zu, die Spaßbremse war ich. War etwas uninspiriert beim Nachstellen der Szenen. Eva hat alles gegeben.
Am nächsten Tag sind wir ins Nationalmuseum, Te Papa Tongarewa, gegangen. Das ist wirklich gut und beschreibt alle Aspekte der neuseeländischen Geschichte, z.B. selbstironische Blicke auf die Wirkung einer Insel auf ihre Bewohner oder der Grad der Abholzung der Inseln durch die verschiedenen Siedler. Ähnliche Grafiken gibt es über viele relevante Bereiche, z.B. auch Eigentumsverhältnisse bzgl. des Landes (sieht ähnlich wie die Grafik zur Abholzung aus im Verhältnis Pakeha und Māori). Abgerundet wird das Ganze nach dem Stillen des Wissensdurstes mit einem sündteuren Hauptstadtbier.
Eva ist dann noch ins Weta gefahren. Ich habe mir das mal durchgelesen, und das war mir ehrlich gesagt zu teuer für ein Thema, das mich jetzt nicht so vom Hocker reißt. Und sie kam nicht rein, weil sie keinen Termin gebucht hat. So schaffte es ein weiteres Reiseziel auf die 'Auf dem Rückweg'-Liste. Ihre Vergeltung bestand darin, ein Öof Tatata-Plakat mit Konzertterminen erspäht zu haben. Sagt mir nix, aber sicher jedem Fan von Jason Momoa, der in der Band die vier Saiten bedient. Der hat auch wo mitgespielt, GoT, glaube ich, und er ist der Aquaman. Huuuh. Da müssen wir dann hin, in Christchurch.
Der Interislander bringt uns bei strahlendem Sonnenschein in knapp 4 Stunden über die Cook Strait auf die Südinsel. 4-5 Wochen haben wir Zeit. Sollte reichen.