Bis zum Einbau unserer Ersatzteile dauert es noch ein wenig. Da nutzen wir doch die Zeit, um die westliche Hälfte des breiten Teils in der Mitte der Nordinsel zu kartografieren. Am besten geht das im Zickzack von Nord nach Süd, wie die Straßen verlaufen. Wir sprachen mal von drei Monaten Aufenthalt in Neuseeland. Die sind längst vorbei. Da läuft was ziemlich schief inzwischen.
Von der Farm bei New Plymouth nehmen wir den Forgotten World Highway nach Norden. Zunächst unscheinbar, wird die Fahrt munterer, kommen wir doch durch die Republik Whangamomona. Hier wurde 1989 aufgrund des Protests gegen eine Gebietsverwaltungsreform die Republik ausgerufen. Wie der Kiwi so ist, macht er da gleich ein kleines Business draus und stempelt uns gegen eine unerhebliche Gebühr die Pässe zur Einreise.
Der Ort wirkt annähernd unbelassen seit 150 Jahren, genauso wie der Highway, der am Ende in den Tunnel 'Hobbit Hole' mündet, der in der Vergangenheit das letzte Hindernis auf dem Weg zur Fertigstellung des State Highways 43 darstellte. Wegen höherer Lastwagen wurde er später pragmatisch etwas nach oben erweitert.
Relativ unmittelbar an den Forgotten World Highway, gesäumt von etwas Grünflache, schließt sich der Tongariro National Park an. Er ist der erste Nationalpark in NZ, gegründet 1987. Die ursprüngliche Fläche mit den Bergen schenkte der Māori-Häuptling Horonuku 1887 der Britischen Krone, um sie vor Ausbeutung durch die weißen Einwanderern zu schützen. Im Laufe eines Jahrhunderts wurde die Fläche um Landkäufe auf des heutige Areal erweitert. Im Nationalpark befinden sich mit dem Tongariro, dem Ngauruhoe und dem Ruapehu drei aktive Vulkane. Der Park ist UNESCO Weltkultur- und -naturerbe.
Für die Wanderung über den Berg, Tongariro Crossing, war es noch zu früh im Jahr. Da werden dann mehr Menschen erwartet, wo doch der Ngauruhoe auch der Schicksalsberg aus Herr der Ringe ist. In National Park übernachten wir in einer Skihütte. Da sind Menschen, die machen Skigymnastik und stehen früh auf zum Wintersport. Aha. Oben auf dem Berg ist es etwas neblig, wenig Schnee ist auch, tut der Freude aber keinen Abbruch.
Zum Glück schmerzt das Knie, und wir widmen uns Fischseen von Smergull mit Wasserfällen und fahren entlang des Whanganui Rivers in südlicher Richtung zum Mount Taranaki. Das ist der letzte Vulkan der Götter aus der Māori Sage, der besiegt vom Nebenbuhler Tongariro geflohen ist und jetzt traurig ohne seine Frau Ruhapehu am Meer steht. Weil er vor Kummer viel weint, ist so häufig eine Wolke um die Spitze.
Wir folgen der schönen Gravel Road von Pipiriki dem Fluss entlang bis runter zur Mündung in Whanganui. Wie so oft in NZ hat man das Gefühl, in Laos zu sein. Bissi kälter, ok, aber Landschaft, Flussfarben und Vegetation ähneln sich doch schon. Ok, und das Essen, die Menschen, die Wasserbüffel und Beerlao natürlich nicht.
Wir kommen am Mount Taranaki in der Nähe von New Plymouth an. Schon auf dem Parkplatz merkt man, dass hier etwas anders ist. Normalerweise wenig los, hier nicht. Eva hat's mir nicht verraten. Nach ewigem Treppensteigen durch den Buschwald kommen wir oben an. Eine Menschenmenge sammelt sich hinter dem See und wartet darauf, dass die Wolken sich verziehen und es windstill ist. Dann gibt's das perfekte Bild mit der klaren Spiegelung des Vulkans im See und davor jemand der hüpft, Kopfstand macht, jongliert. Wenn's hilft. Zwei Französinnen haben sich in die goldfarbenen Rettungsdecken eingewickelt und geschworen, sie bleiben bis die Wolke weg ist. Hoffentlich weht dann kein Wind. 'The Länd' und die 'KSC Ultras' waren übrgens auch da, falls das jemand interessiert. Die trifft man häufiger. Und Evas Ergebnis vom Fotoshooting ist so, dass man 'auf dem Rückweg' es ja nochmal versuchen kann. Auf welchem auch immer. Aber der Weg über die Treppen war ein Kniekiller. Ich überlege noch...
Vorbei an den schönen Three Sisters, Felsen im Meer, stehen wir schneller als gedacht in der Werkstatt in Auckland und beugen uns über ein Ersatzteil. Es wurde falsch geschickt. Hier macht sich dann bezahlt, wenn man nebenberuflich ZEN-Meister ist, einfach wieder einen verdammten Toyota Fitz mietet und jetzt mit schon nachlassendem Eifer neue Reieseziele sucht. Einziger Trost: das Monster in der Werkstatt neben uns hat noch nie das Sonnenlicht gesehen.
Südöstlich von Hamilton kann man sich auch ganz gut verzetteln und Zeit verbringen. Da gibt es - oh Wunder - Wasserfälle und unweit die Karangahake Schlucht, Auslöser des Goldrauschs in NZ in den ausgehenden 1900er Jahren. Die Magnolien blühen, kann also sein, dass es in zwei Monaten mal wärmer wird. Wäre mal an der Zeit, es ist schon Oktober.
Bei den Goldgräbern ging das grob so ab. Auf der Suche nach dem Glück haben die armen Teufel die Berge ausgehöhlt und die Loren mit Maultieren ins Tal oder zu den Seilbahnen geschafft. Dann kam das Gestein in die 'Batteries'. Das waren letztendlich Fabrikanlagen mit gestaffelten Chemiebehältern, in denen man mit Quecksilber und anderer Chemie das Gold aus dem Gestein gelöst hat. Man will sich's gar nicht vorstellen, der Spuk ging nur etwas 50 Jahre. Jetzt sind ganz unterhaltsame Ruinen übrig, Stollen, Schienen, Hängebrücken und schmale Wege durch die Schluchten zum Wandern. Eines der Highlights ist der 1 km lange Eisenbahntunnel.
Das eigentliche Ziel ist aber das East Cape. Da leben wohl noch relativ viele Māoris, u.a. Taika Waititi, der Regisseur, kommt von dort und hat einige seiner Filme da gedreht. Wie z.B. den 12-Minuter 'Two cars, one night' (<- Link), der echt schnuffig ist.
Bevor es soweit ist, steuern wir Tauranga und daneben Maunganui an der Bay of Plenty an. Die wurde von James Cook so genannt, weil's wohl alles gab, was man zum Seefahren als Entdecker so braucht. Bauhaus gab's ja noch nicht. Wir sind hoch auf den Mount Maunganui an der Einmündung in den Hafen von Tauranga und haben uns am Jade-Stein die Absolution für weitere Prüfungen auf unserer Reise geholt.
Das neue Abtriebsrad ist unterwegs. Bis das angekommt und durch den Zoll ist, wird es am Ende nochmal 10 Tage dauern. Also East Cape und die Orte, wo angeblich so gut wie kein Tourist hinfährt. Einfach weil es nicht auf der Strecke Nord-Süd liegt, und die Sexyness ggf. etwas zu wünschen übrig lässt. Freuen uns.