Übers Wochenende machen wir noch einen Halt am Tokerau Beach, ein Hippie-Strand aus vergangener Zeit. Da kann man umsonst am Strand stehen und schöne Landschaft anschauen. Eva hat ihre Hippie-Mannheim-Socken angelegt und ich die Möwen gefüttert. Noch 100 km und wir sind am Nordende der Insel angekommen.
Ach, da war doch noch was. Die Giant Te Paki Sanddunes. Te Paki heißt die Sonne. Hier liegen mehrere Dünen mit bis zu 150 m Höhe nebeneinnder. Natürlich regnet und windet es stark, als wir hochgehen, aber nicht dauernd. Wer will, kann auch ein Sandboard mieten und die Dünen runterrutschen. Haben wir jetzt heute nicht gemacht.
Ein paar Stunden später fahren wir die letzten 20 km zum Cape Reinga.
Jetzt sind wir am Cape Reinga/ Te Rerenga Wairua (34° 25′ S, 172° 41′ O), dem Nordende Neuseelands angekommen. Hier treffen Tasmanische See und Pazifischer Ozean aufeinander. Auf dem Wasser kann man die Kreuzseen durch die unterschiedlichen Strömungen sehen. Das ist beeindruckend.
Für die Māori treffen Te Tai o Rehua von Westen, das männliche Prinzip verkörpernd, und Te Moana Nui a Kiwa von Osten, das weibliche Prinzip verkörpernd, am Cape Reinga / Te Rerenga Wairua aufeinander und symbolisieren damit die Entstehung des Lebens. Den Satz habe ich aus Wikipedia geklaut, aber es ist doch ein schöner. Außerdem sollen die Seelen der Toten die Küste zum Kap hochpilgern, um von dort in ihre alte Heimat Hawaiki zurückzukehren.
Wale oder Delfine waren leider nicht in Sicht. Aber dafür haben wir Kaiserwetter und entscheiden uns, hier in der Umgebung zu bleiben. Nebenan liegt der Tapotupotu Beach. Da kann man verweilen. Wir finden einen schönen Platz im Gras und chillen erstmal den restlichen Tag.
Hier treffen wir auch ein Mädel und drei Jungs aus Deutschland, alle 18 Jahre, machen work and travel. Wie viele sind sie mit abgehalfterten Vans unterwegs, die ihnen für viel Geld verkauft werden, aber mit Self-containment-Aufkleber, damit sie überall stehen können. Und Riesen-Angeln hatten die und lagen mir in den Ohren, dass ich unbedingt auf Red Snapper gehen muss. Geht klar. In Whangārei decke ich mich mit dem Nötigsten ein...
Unterdessen chillen die wochenlang in den Buchten rum und gehen, wenn die Kohle langsam alle geht, Avocados oder Kiwis pflücken. Gönne ich ihnen. Das Schlimmste kommt ja noch. Und so unbeschwert mal ein Jahr hier zu gammeln, meinetwegen auch Erfahrungen zu sammeln, das gönne ich jedem Mensch.
Den einen habe ich mit Voltaren-Salbe versorgt, weil er sich verletzt hat. Und sein Kumpel meinte, die Salbe würde sein Vater gegen Tennisarm nehmen. So sieht's nämlich aus. Muss mich noch daran gewöhnen, dass meine Tipps bei 18-jährigen eher als väterlicher Rat denn als simple Hilfe empfunden werden.
Aber wir wollen weiter, es gibt noch viel zu sehen in Northland. A propos. Mein absoluter Favorit bisher in Neuseeland. Māori sind hier sichtbarer und die NZ-Filme von Thilo und die täglichen Betrachtungen hinterlassen ihre Spuren. Entgegen der ursprünglichen Annahme entpuppt sich das Land als widersprüchlicher, als ich angenommen habe.
Wir entdecken einen Unimog, und als Eva fragt, ob sie ihn fotografieren darf, hat sie erfahren, dass wir schon längst entdeckt wurden. Inzwischen ist auch die Zeit, in der Lämmer geboren werden. Die Mutterschafe suchen ab und an Ruhe mit dem Lamm und verirren sich dann auf die Straße. Bei 26 Millionen Schafen kommt das öfter vor. Wir wollen noch ein wenig hier oben bleiben und stellen uns an den Rarawa Beach. Weit sind wir nicht gekommen.
Das Bild gleicht sich eigentlich überall an der Ostküste. Die Buchten sind traumhaft, sehr flach, weißer Sand und oft sehr weit. Bei schönem Wetter ein Traum und kein Grund, schon wieder die nächste Stadt, Kaitaia, anzusteuern.
Auf dem Weg in den Norden hat mir Eva versprechen müssen, in den Gumdiggers Park zu gehen. Braunes Schild am Straßenrand und allein der Name macht doch schon nervös...
Jedenfalls geht's da um überwiegend dalmatische Einwanderer (Dalmatien in Kroatien) von Mitte bis Ende des 19. Jh., die von vor tausenden von Jahren umgefallenen Kauri-Bäumen (Baumriesen) das Baumharz mit Stangen im Boden gesucht und ausgegraben haben. Das wurde dann zur Herstellung von Lacken und Farben weiter verarbeitet. Und so haben die Glücksritter unter erbärmlichen Bedingungen die Harzbrocken im Sumpf gesucht, und das wird hier dargestellt. Die Menge war immens. Aber irgendwann hat man dann so gut wie alles gefunden und der Run war vorbei. Aber so versteht man unter anderem ja ein Land, das letztendlich gerade einmal etwas mehr als 200 Jahre alt ist. Aus Sicht europäischer Einwanderer. Die Māori lebten bis dahin schon mehr als 500 Jahre hier.
Wieder was gelernt vom Bernd (R. Grebe). Wo wir gerade so im Kauri-Thema sind, in Whangārei im Kauri-Wald spazieren waren, und natürlich vom Kauri-Sterben durch einen Pilz mitbekommen haben, wollen wir mehr vom Gigant der Wälder und seiner Geschichte erfahren. Wir fahren über den 90-Mile-Drive auf Sand entlang der Westküste bis Ahipara. Ein guter Ausgangspunkt für die Kauri-Wälder.