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Schneebedeckte Berge im Pamir

Pamir Highway

An der Mündung des Pamir in den Panj bei Langar beginnt der Aufstieg zur Pamir-Hochebene über den 4.344 m hohen Khargush Pass. Hoffentlich werden wir nicht höhenkrank. Zwar bewegen wir uns schon seit einiger Zeit auf 3.000 m Höhe und sollten uns akklimatisiert haben; sicher kann man sich dennoch nicht sein. Darum legen wir nach kurzer Fahrt auf ca. 3.600 m noch einen Übernachtungshalt ein. Ein wenig dröhnt der Kopf und schaden kann es bestimmt nicht.

Am nächsten Morgen werden wir von einem Tadschiken geweckt, der wohl ans Tanken gedacht hat, als er am Unimog vorbeigefahren ist. Jedenfalls hat er ganz geschwind einen Kanister nebst Plastikschlauch in der Hand, als ich ihm ein paar Liter Diesel zugesagt habe. Nächster Gast ist Thiis aus Groningen, ein Radler. Dem spenden wir Getränke und einen Stuhl, den er fast nicht mehr verlassen will. Er sitzt eben nur im Sattel oder auf dem Boden und wir gönnen ihm den Komfort von Herzen, angesichts der mehreren hundert Kilometer, die er noch vor sich hat.

Um uns herum schneebedeckte Berge, im Rücken der Hindukusch und die 7.000er Pakistans. Welch ein schönes Panorama. Die Straßen sind schmal, aber gut befahrbar. Ab und zu muss man durch kleine Bäche fahren, wenn eine Brücke eingebrochen ist.

Nach einigen Kilometern flussaufwärts verlässt man die enge Schlucht des Pamir, der hier dann in einem breiten Tal dahinfließt. Kurz zuvor ist an einer Stelle Afghanistan ganz nah. Es sind höchstens 5 m über den reißenden Fluss auf die andere Seite. Im breiteren Flusstal wird der Pamir flacher und ist wahrscheinlich auch zu Fuß überquerbar.

Die versalzenen Böden weisen darauf hin, dass wohl nur wenig Niederschlag hier fällt. Einige Schaf- und Ziegenherden kreuzen unseren Weg, aber ansonsten sind wir alleine. Auf der anderen Seite des Flusses sehen wir igluartige Kontrollposten am Ufer, aber keine Menschenseele. In Khargush biegt unsere Piste dann von der afghanischen Grenze ab, wir passieren mal wieder einen Kontrollposten des Militärs und schleichen auf zunehmend löchriger und von Wellblech durchzogener Piste hoch zum Pass. Ohne Serpentinen, wir sind ja schon auf knapp 4000 m. Der Khargush-Pass ist abgesehen von der Höhe unspektakulär, ein paar Fotos und wieder runter auf der anderen Seite. Ab hier wird die Piste auch wieder zur Katastrophe. 10 cm hohe Wellblechwellen, steinhart, Schlaglöcher überall, schön tief, und ich fluche den ganzen Weg bis runter zur Straße, die asphaltierte M41.

Dort angekommen fiel sofort auf, dass der uns am Horizont erscheinende DHL-Laster maximal Schrittgeschwindigkeit fährt und das, obwohl die Straße auf den ersten Blick gut aussieht. Aber schnell zeigt sich, dass das Ding (M41) ebenfalls die Hölle ist. Aufgeplatzter Teer, Schlaglöcher, Wellen, die die Karre hüpfen lassen und man sich an der Decke den Kopf anhaut. Im Ergebnis bleibt es also bei max. 20-30 km/h für die 100 km bis Alichur. Brüll, fluch, schrei, die Nerven halt...

Das Highlight im einzigen Geschäft in Alichur war der Besitzer, der seine Kinder auf dem Unimog für ein Foto platziert hat. Drin gab es eigentlich außer ein paar Konserven fast nichts. Aber eine Moschee gibt es und ein Guesthouse. Irgendwie hatten wir uns das aus Schilderungen anders vorgestellt. Hinter einem Hügel an der Straße Richtung Murghab verbringen wir die Nacht. Überraschenderweise springt die Diesel-Heizung (Eberspächer, für die Werbung sehe ich keinen Cent!) problemlos an und beschert uns eine warme Nacht.


Wir denken lange über den weiteren Weg nach. In Murghab soll es ein Hotel mit Restaurant geben, da könnte man sich vielleicht nochmal motivieren. 90 km, also ungefähr 3-4 Stunden. Danach 130 km zum Karakul und 284 km zurück durch's Bartang-Tal. Wenn das nicht geht, zurück nach Alichur und auf der M41 knappe 240 km nach Korough. Also etwas über 400 km im Idealfall oder knapp 700 km auf der M41 im schlimmsten Fall.

Am nächsten Morgen manifestiert sich, was sich schon Abends abgezeichnet hat: wir Pfeifen knicken ein. Bringen es nicht mehr. So weit gefahren und dann aufgeben. Schande. Ausreden könnte das leckende Differential oder der siffende Bremssattel sein, aber nein, die Straßen haben uns den Zahn gezogen. Man muss sich immer konzentrieren, kann nie in die Landschaft glotzen, immer auf die nächsten 10 Meter, bremsen, rein in's Schlagloch und wieder raus. Nicht durch's Bartang-Tal zurück zu fahren kränkt mich persönlich; soll zwar anspruchsvoll sein, ein tadschikischer Guide meinte aber, das könnte mit dem Unimog gut gehen. Nun denn.

Wir digitalisieren noch intensiv eine Yak-Herde, nehmen einen Suppen-Snack und einen Beruhigungstee im Seecontainer in Alichur (die kommende Suppengrundlage eruiert die Lage durch die Tür) und begeben uns auf die M41. Nur um festzustellen, dass dieses Drecksding ein Drecksding von Anfang bis zum Ende ist. Uaaaaaaaaahhhhhh.....

Über Korough fahren wir nach Rushon und von dort in der Nacht noch knapp 30 km ins Bartang-Tal rein. Wir haben uns mit der 'Wanne' und ihren Bewohnern dort verabredet. Der Platz ist richtig toll, idyllisch und wir hängen zwei Tage dort ab und freuen uns, uns wieder zu sehen.

Auf dem Rückweg realisieren wir dann auch, über welche Brücken wir nachts gefahren sind. Die Tadschiken haben eifrig 'Dawai, dawai' gerufen, da kann man ja nicht zögern. Man achte im Film auf Evas 'anderes Links':

Früh um 4: 30 Uhr fahren wir dann los zur Baustelle. 90 km top-of-the-shit zurück nach Kulob, dann wird es ja wieder besser. Am Weg stehen Bohrer, mit denen die Löcher für das Dynamit gebohrt werden. Immer mal wieder gibt es doch längere Unterbrechungen nach Sprengungen, dann das übliche Gedränge, weil jeder der Erste sein will, der losfährt. Hier erfahre ich auch, dass die Schäden wohl von überladenen LKW kommen und die Straße bis 2026 fertig sein soll. Na dann. Jedem Pamir-Willigen rate ich, erst ab 2027 die Reise ins Auge zu fassen. Sicherheitspuffer.

So lassen wir auch den Pamir hinter uns. Eine so schöne Landschaft, die man sich momentan sehr hart erkämpfen muss. Mir ist jetzt klar, warum die meisten, die wir getroffen haben, den Pamir in 10 Tagen durchrast haben. Anders bringt man es nervlich nur schwer. Selbst viele Fahrradfahrer packen ihr Rad in Rushon auf das Dach eines Taxis und lassen sich in Richtung Dushanbe chauffieren.

Andere sind mit Einheimischen in Jeeps gefahren. Die haben nicht von ganz so dramatischen Szenen berichtet. Wahrscheinlich ist das die beste Variante. Man ruiniert nicht seine alte Karre und der Stress liegt beim Fahrer. Dafür hört man dann auch Stories von den Unterkünften, wo man wieder froh ist um sein fahrendes Heim...