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Tasmanischer Teufel

Tassie I

Spontan-Solo-Trip von mir (Eva) nach Tasmanien. Das Möggle dreht noch Kreise vor Brisbane und Raini hat keine Lust auf Tassie (wie Tasmanien liebevoll genannt wird). Also verwirkliche ich mir einen Kindheitstraum, entstanden durch das „Weltreise“-Spiel aus den 80ern, und mache mich auf die Suche nach dem Tasmanischen Beutelteufel.

Mit Zwischenstopp in Sydney lande ich abends in Hobart, der Hauptstadt, und erlebe meinen ersten (von noch vielen weiter folgenden) kriechtierbedingten Nervenzusammenbrüchen. Wieso bedrucken die hier die Sitzbezüge in den Bussen mit Trichternetz-Spinnen-Mustern??? Nun denn. Ich beziehe mein Quartier, ein Backpacker-Hostel, das ich unglaublich billig „geschossen“ habe. Das schlechte Gewissen plagt mich dann doch etwas, dass ich Rainer in einer Jugendherberge in Brisbane zurückgelassen habe. Jetzt hab ich den Salat und werde die nächsten 4 Nächte in einem knastähnlich anmutenden, siffigen und modrigen Rechteck mit Gemeinschaftsbad verbringen.

Ich habe ein 3-Tage-Sightseeing Paket gebucht (Best of Hobart and around) und am nächsten Morgen geht es bereits um 7 Uhr am Abholort (Kirche ums Eck) los. Mit dem Minibus fahren wir nach Bruni-Island. Ein wenig ähnelt es einer Kaffeefahrt, machen wir doch gleich mal den ersten Stopp am besten Austernstand! Weltweit? Von Australien? Oder von Tasmanien? Keine Ahnung, sie waren aber wirklich sehr, sehr lecker. Nur für mein Empfinden um 8:30 Uhr doch etwas zu früh und auf leeren Magen.

Nexter Stopp: bester Honig, weltweit? Von Australien? Und so weiter und so fort. Endlich geht es in die Natur. Und da wird es dann wirklich richtig schön. Wir sehen Bäume, die es bereits auf dem Urkontinent Gondwana gab, weiße Wallabys, Schnabeligel (hier Echidnas genannt), besichtigen einen Leuchtturm und selbstverständlich führt die Rückfahrt noch am besten Käse weltweit, etc. vorbei. Abends falle ich erschöpft und glücklich in meine Zelle.

Start am nächsten Morgen ist, etwas moderater, erst um 8:00 Uhr. Es ist Samstag und da steht der Salamanca Market in Hobart auf dem Programm. Ein riesiger Markt mit Kunsthandwerk, Essen, Essen und Essen. Da der jedoch erst um 10 Uhr aufmacht (warum kann dann so eine Kaffeefahrt nicht einfach etwas später anfangen?), werden wir mit dem Tourbus auf den Mount Wellington verfrachtet, von dem man einen unglaublich tollen Ausblick auf Hobart hat. Wenn es nicht gerade neblig ist. Ohne Blick auf Hobart fahren wir also den Berg wieder runter, schauen uns den Hafen der Stadt an und dann bekommt jeder 2 Stunden Zeit, um alleine über den Salamanca Market zu schlendern.

Ich bin in meinem Element und freue mich für mich und Rainer, dass er nicht dabei sein muss. Kunsthandwerksmärkte lösen bei ihm verbale Hasstiraden aus. Ich genieße also Töpferware, Deckchen, Taschen, selbstgehäkelte Stofftiere und erstehe einen tasmanischen Stoff-Beutelteufel. Später im Tourbus erfahre ich von zwei Tik-Tok affinen Chinesinnen, dass Queen Mary (die Dänin), die in Hobart geboren ist, zu Besuch hier ist und auf dem Salamanca Market „gespottet“ wurde. Das versetzt meinem „Gala“ und sonstigen royalen Arztpraxis und Friseurzeitschriften-verfallenem Herzen dann aber einen sehr großen Stich. Wie konnte ich das nur verpassen? Ich schmolle eine Weile im Bus, verfluche mich, dass ich vor lauter Häkeldeckchen eine Queen verpasst habe und denke, dass der Tag nun nicht mehr zu retten ist. Dann allerdings erreichen wir das Bonorong Wildlife Sanctuary und die Welt ist wieder in Ordnung. Ich sehe meinen ersten Tasmanischen Teufel. Wie unglaublich hässlich und doch süß und faszinierend zugleich.

Jetzt mach ich mal auf Schlaubi-Rainer und zitiere aus Wikipedia: „Seinen Namen erhielt der Beutelteufel wegen seines schwarzen Felles, seiner Ohren, die sich bei Aufregung rot färben, seines besonders bei Erregung sehr unangenehmen Körpergeruches, seines lauten Kreischens, das über sehr weite Entfernungen noch zu hören ist, und seines aggressiven und neugierigen Verhaltens gegenüber einer geschlagenen Beute und überhaupt allem, was ihm begegnet.“

Dass der Teufel so furchtbar aussieht liegt daran, dass fast die komplette Population von einer Art Hautkrebs befallen ist, die tatsächlich über gegenseitiges Beißen übertragen werden kann. Die Krankheit, die Beutelteufel befällt, wird im Englischen als Devil Facial Tumour Disease (DFTD) bezeichnet, was etwa mit Beutelteufeltypische Gesichtskrebserkrankung übersetzt werden kann. Es wird an einem Impfstoff gearbeitet, der vor allem an den in Sanctuaries lebenden Teufelchen ausprobiert wird. Und dann gibt es natürlich auch noch andere hübsche Tierchen in Tasmanien…

Tag 3 meiner Kaffeefahrt führt mich nach Port Arthur. Durch den Tasman Nationalpark (man bemerke den leeren Bilderrahmen, der Göttergatte, er fehlt eben doch sehr) geht es erst noch vorbei an einer Lavendelfarm. Ich decke mich mit Lavendelsäckchen ein, die seien gut gegen alles was krabbelt! Ich werde etwas später noch darauf zurückkommen.

Port Arthur war von 1833 bis in die 1850er Jahre eine Strafkolonie Großbritanniens. Hier wurden die größten Verbrecher des Landes hin verschifft, in der Hoffnung, dass sie nicht mehr nach Großbritannien zurückkommen. Auch aufsässige Sträflinge aus anderen Teilen Australiens wurden hierher verbracht. Da sie so abgelegen auf einer Halbinsel lag, musste man sich auch nicht großartig um die Sicherung kümmern. Jede Flucht endete damit, dass die Gefangenen freiwillig zurückkamen, weil sie weder schwimmend flüchten, noch durch den dichten Urwald entkommen konnten. Der schmale Streifen (Isthmus), der den Übergang zur restlichen Welt bildete, wurde durch eine sogenannte „Dog-Line“ gesichert. Auf dem nur 50m breiten Streifen hielt man 20 ausgehungerte Hunde, die den Flüchtlingen, die es bis dorthin geschafft hatten, die Entscheidung leicht gemacht hat, wieder umzukehren. Die Sträflinge waren es auch, die die komplette Infrastruktur in Tasmanien aufbauen mussten. Arbeitssklaven also!

Mit einer Chinesin, die sich an meine Fersen geklemmt hat, durchwandere ich das Gefängnis. Auf dem Rückweg gibt es noch einen Zwischenstopp an der Küste und dann ist mein Touri-Programm zu Ende.

Ab Morgen mache ich mich mit einem Mietwagen auf den Weg einmal rund um Tasmanien. Wer weiß, vielleicht begegne ich einem Teufelchen in freier Wildbahn...