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Blick über den Charyn-Canyon

Von Almaty zum Tian Shan

Zügig erreichen wir die Apfelstadt, früher Werny, und von den Russen in Alma Ata, "Vater der Äpfel" umbenannt, lange Zeit auch Hauptstadt Kasachstans. Ein Ukrainer hat eine heimische Sorte Wildäpfel mit einer eingeführten Sorte zigmal gekreuzt. Daraus entstanden dann sehr große Äpfel, die man angeblich alleine aufgrund der Größe nicht essen konnte. Inzwischen ist die Sorte leider eine Rarität. Die verfügbaren Äpfel dort schmeckten aber tatsächlich außergewöhnlich gut.

Noch knapp 20 Tage bis zur China-Durchquerung, also nix mit Sightseeing. Wir quartieren uns zwei Tage in einem Appartement ein, gönnen uns nochmal europäisches Essen und Getränke, und stellen uns in den alltäglichen Mega-Stau, Markenzeichen Almatys, zur Mega-Mall durch die grüne Stadt. Man bekommt hier alles, was noch fehlt, unter anderem eine vernünftige Reifenreparatur. Die Dinger haben ziemlich gelitten in der letzten Zeit. Eva fällt nur Unfug ein, und da will der Google-Übersetzer in nichts nachstehen. Ein Kasache will einen Scherz auf deutsch machen, der leicht irritiert (vgl. Bild). Bei genauerem hinhören verstehen wir es: Hände hoch. Dafür bekommt er ein zünftiges "руки вверх" zurück. Die Art Scherze liebe ich :-).

Die Reparatur kann sich sehen lassen, wir wechseln noch die Reifen auf den Positionen durch (einmal im Kreis inkl. Ersatzrad, damit sie gleichmäßig abgefahren werden) und fahren entspannt dem Transili-Alatau-Gebirge gen Osten entgegen.

Unterwegs machen wir einen Abstecher zum Charyn-Canyon, der vom gleichnamigen Fluss aus dem Sandstein gewaschen wurde. Die Kasachen haben das Gebiet zum Tourismus-Hotspot ausgebaut, wird es doch gerne mit dem Gran Canyon verglichen. Bei Einheimischen und russischen Touristen erfreut sich das Gebiet zu Recht großer Beliebtheit, und wir waren ganz angetan von der Schönheit der Natur in der sonst so kargen Steppe außenherum.

Man kann den Canyon einfach zu Fuß durchwandern und wenn man unten am Fluss angekommen ist, gibt es für müde Wanderer UAZ Buchankas, die Lauffaule wieder zurück zum Besucherzentrum bringen.

Nicht weit entfernt vom Charyn-Canyon befindet sich ein anderer Teil des Charyn National Natural Park, das Sarytogay Camp. Hier gibt es Urwälder von Flusseschen (Fraxinus potamophila), deren Art angeblich bereits vor der Eiszeit existierten. Zumindest stand das so im Reiseführer. Urig war's, wir übernachteten in einem Camp im Wald, hatten Besuch von ein paar Kätzle und einem Rudel Hunden und schauten uns am nächsten Tag die Ungetüme an.

Aber da China näherrückte, mussten wir auch weiter, wollten wir doch noch etwas von Kirgistan sehen. In Kegen kurz vor der Grenze recherchierten wir, dass es noch eine schöne Wanderung zu den drei Kolsai-Seen geben soll, die ursprünglich über die Berge nach Kirgistan führte. Das Wetter ist schön, Bewegung in letzter Zeit Mangelware, also nochmal rein in die kasachischen Berge. Das hat dann doch alles länger gedauert. Wir waren wie besoffen von der Landschaft, der Ernte auf den Feldern und den Pferdchen allüberall. Kurz vor Toreschluss erreichen wir den Kolsai Lakes National Park, bezahlen Apfel und Ei und finden ein schönes Plätzchen am Fluss.

Der Plan: Zelt und Camping-Utensilien einpacken, Wasser und Essen und dann zwei Tage wandern über knapp 25 km. Vorbereitung mal wieder Fehlanzeige...

Am Morgen kaufen wir noch Verpflegung am ersten See ein und wandern dann mit dem ganzen Gepäck los. In Taschkent haben wir ein Zelt und Isomatten besorgt, in Almaty Schlafsack Nr 3 für Eva. Kocher und Kochgeschirr haben wir mitgebracht.

Die Wanderung ist toll, aber extrem anstrengend. Gegen Nachmittag erreichen wir See 2 und stellen das Zelt auf. Kurze Zeit später beginnt es zu regnen bis es dunkel ist. Wir kochen unsere Suppen und legen uns frierend hin. Ich habe es natürlich wieder verpasst, auch warme Kleidung einzupacken, und deshalb gefroren wie ein Schneider.

Kurz nach 6 Uhr stehen wir auf, kochen Kaffee und machen uns auf den Weg zum dritten See. Da wir im Grenzgebiet sind, gibt es nach 2 km einen Kontrollposten. Eva hat unsere Tickets und ihren Ausweis im Zelt liegen lassen. Also wieder zurück, den letzten Kilometer rennt Eva alleine. Zwei Stunden später erreichen wir den dritten See. Traumhafte Berglandschaft, kein Mensch weit und breit.

Der Abstieg ist anstrengend und als wir am Zelt ankommen, fängt es zu donnern an. Hurtig alles abgebaut und schon fängt es an zu regnen. Drei Stunden brauchen wir, bis wir wieder am Parkplatz sind. Ausgepumpt, aber glücklich. Wir stopfen uns an einer Imbissbude mit Essen voll, verlängern am Parkeingang noch eine Nacht und fallen ermattet in komatösen Schlaf.

Zurück in Kegen treffen wir Alex, einen Schweizer auf dem Rad, quatschen uns fest, kaufen ein und machen uns auf den Weg zur Grenze. Auf einer kleinen Insel im Fluss verbringen wir die Nacht.

Schön war die Zeit in Kasachstan. Ganz anders als bei unserem ersten Besuch, als wir von Russland gekommen sind. Nette Menschen haben wir getroffen, schöne Kulturdenkmäler und Städte gesehen, eine vielfältige Landschaft kennen gelernt, und verstanden, dass die schönen Pferde überall Schlachtvieh sind.

Es gäbe noch so Vieles zu entdecken, nur reicht die Zeit dafür nicht mehr. Auf nach Kirgistan, in der Hoffnung, dass wir noch ein paar schöne Tage erleben werden, bevor wir China durchqueren...