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Jurten am Sonkul-See

Von Bischkek zum Torugart-Pass

Nicht weit von Burana entfernt liegt Bischkek, die Hauptstadt Kirgistans. Schnell sind wir da und stellen fest: kein Ort, um Tage zu verweilen in unserer Situation. Und jetzt nochmal für alle Unverbesserlichen: nein, nicht Kirgisistan, KIRGISTAN, verdammt, im heimischen Idiom Kyrgystan. So. Herrgottnochmal.

Jedenfalls steht auf Evas Stirn 'Osch'. Im Westen und ewig weit weg. Alles muss gehen in 10 Tagen, logisch. Also über den Pass rüber nach Südwesten, pennen, und schwupp stelle ich fest: der Öldruck ist verdammt niedrig, Leerlauf kein halbes Bar, unter Belastung vielleicht 2,5 Bar. Da ist was faul. Wollen wir in China liegenbleiben? Nein! Pläne ändern sich, entlang von Mausoleen hangeln wir uns in Richtung Sonkul-See. Der muss mindestens sein, warum auch immer, über 3.000m hoch, Sehnsuchtsort der Reisenden. Aber Osch fällt aus.

Straßen haarsträubend, meine Nerven am Ende. Mache Placebo-Dinge: wie verrückt an allen Schrauben rumdrehen, die sich in der Peripherie vom Motor befinden, stelle Schlauchschellen in Frage, usw. Bitte nicht vergessen, wir wollen durch China. Visum 4 Wochen, Reisezeit 4 Wochen, keine Zeit für Breakdowns. Kurz vor dem See übernachten wir. Höre die Flöhe husten.

Wir erreichen den See. Es gibt Geschichten, die Fahrt hoch würde Stunden dauern, wir brauchen 1,5 Stunden. Karg die Landschaft. Viehherden. Viehhüter, Jurten für Touristen, es ist kalt. Bewölkt und Gegenlicht. Ich verfolge einen Adler mit dem Tele. Mache ich schon seit Usbekistan. Wir entscheiden, zurück nach Bischkek zu fahren. Vielleicht gibt's da Hilfe. Kein Blick für etwaige Naturschönheit.

A propos: Hochebene, Gebirgssee, Yaks und Jurten, wahrscheinlich authentisch. Wir sind zu abgefrunzt für sowas, drum zurück nach Frunze, damals, früher, heutiger Name Bischkek...

Es startet der Gewaltakt. Runter vom See, Karre waschen lassen kurz vor 20 Uhr (saubere Karre für Reparatur ist obligatorisch), dann Mörderstrecke bis Bischkek in der Nacht. Kommen gegen Mitternacht an und suchen bis dahin Diesel-Werkstätten, die Motorprobleme lösen könnten. Zwischendurch fällt mir ein, dass vielleicht auch unser Öldrucksensor ein Problem haben könnte. Wer weiß. Der war mal defekt und Manu und Francois haben uns zwei neue mitgebracht, im Oman. Einer ist verbaut, vielleicht ist der das Problem.

Werkstätten sind am nächsten Morgen hilflos, wir fahren zu Asia Motors, u.a. auch Mercedes Benz, wechseln das Öl und den Öldruckmesser, und schwupp, Anzeige gut, Motor schnurrt, alles ok.

Zufällig ist es der 1. September, Hochzeitstag, wir machen einen Stadtrundgang, sehen Wladimir Iljitsch auf seinem gewohnten Platz, daneben Marx und Engels und einen Haufen anderen Sovjet-Mist, und Frunze (=Bischkek), das Restaurant für die Großkopferten. Genau richtig zum Hochzeitstag. Danach fahren wir Riesenrad, ergötzen uns an Musliminnen auf E-Rollern und Eva freut sich über die Schildkröte im üblichen Konsomol-Vergnügungspark...

Langsam läuft uns die Zeit davon. Wir brechen auf zum Torugart-Pass. Unterwegs soll noch der Fairytale-Canyon am Südufer des Yssykül-See sehenswert sein. Leider ist die Straße dorthin die gewohnte Zumutung. Schlaglöcher, Überschwemmungen, unbefestigt. Kein Problem, wenn's nicht pressiert. Aber wir kommen an und begehen den Ort intensiv. Sehr schön, aber würde nicht sagen, dass ich noch nicht Vergleichbares gesehen habe. Nun denn. Eine Erkenntnis einer längeren Reise: man muss, verdammt nochmal, nicht alles gesehen haben.

In Naryn, der letzten Stadt vor dem Torugart-Pass lege ich mich nochmal unter den Unimog. Was sehe ich: alles voller Öl. Ölstand Motor bedenklich. Der Lari bei Asia Motors hat den Öldruckmesser nicht richtig festgeschraubt. Und so sind immerhin 5 Liter rausgespritzt, Literpreis 10 €. I luv them all ! Es ist Sonntag, finde den großen Kanister Öl für Dieselmotoren. Mit Unterstützung eines kirgisischen Ex-Mannheimers hat es geklappt. Trotzdem nervt es. Kein Werkstattbesuch seit Abfahrt hatte zum Ergebnis, dass nix schief gelaufen ist. Und es waren ausschließlich Stern-Apotheken. Aaaaaaaahrgghhhhh!

Trotz allem Mist hatte Eva noch die Muße, auf den Besuch der Karawanserei xyz auf dem Weg zum Torugart-Pass zu bestehen. Die China-Gruppe wartete ja erst seit 2 Tagen. Bei ihrem Besuch im Souvenir-Shop erbeutete sie immerhin noch kirgisische Hausschuhe. Na immerhin.

Gegen neun Uhr abends bei Dunkelheit kamen wir am Camp an. Nach kurzer Begrüßung der noch wachen Genossen ging's ins Bett. Hoffentlich hält die Karre die nächsten 4 Wochen durch!