Erschöpft von der Großstadt zog es uns auf's Land. Wir wollten Troja besichtigen und an der kleinasischen Küste entlang die alten Griechenstädte anschauen.
Über die Dardanellen (Meerenge zwischen Marmarameer und der Ägäis) fuhren wir Richtung Troja. Man könnte hier schon Tage verbringen und seinen Geschichtshunger sättigen, angefangen bei der griechischen Mythologie, über die Perserkriege, die Feldzüge Alexanders des Großen, die peloponnesischen Kriege, die Dardanellenschlacht der Osmanen bis zur Schlacht von Gallipoli im ersten Weltkrieg. Ich habe vieles dazu gelesen, kann es nur empfehlen. Es sei denn, das sitzt (noch) alles...
Langsam wurde es brütend heiß, weshalb das klimatisierte Museum in Troja umso interessanter war (ist es wirklich). Die Trauer, daß der 'Schatz des Priamos' von Schliemann gestohlen wurde, sitzt hier tief. Jetzt liegt das meiste davon iim Puschkin-Museum in Moskau. Kriegsbeute aus dem 2. Weltkrieg. Wie schade aus der Sicht Trojas. Im Museum haben sie den Platz reserviert, wenn die Sachen wieder zurück gegeben werden sollten. Wer weiß...
Die vielen Schichten auf dem Hügel Hisarlık sind mindestens genauso spannend, allerdings wäre ein Archäologe als Begleitung nicht verkehrt. Und über das Kitsch-Pferdl vor der Ausgrabungsstätte lässt sich sicher streiten...
Wir besuchten noch den Grabhügel von Achilles nahe Troja, guckten Alexandria Troas an, besichtigten in Chryse den Tempel des Apollo Smintheus (der mit den Mäusen), passierten das Kap Baba als westlichster Punkt Asiens, pennten mal wieder in der Einflugschneise einer Schaf- und Ziegenherde und erreichten dann Tage später in brütender Hitze Assos. Tolle antike Stadt mit Athene-Tempel hoch über dem Meer, unten zwei Häfen, Badanlagen, Agora (Markt) und Sarkophage vor der Stadtmauer. Beeindruckend.
Auffällig in der Türkei: viele Anlagen wurden im Gegensatz zu Griechenland teilrestauriert. Damit was dasteht. Hat auch was. Bin noch unschlüssig, ob ich das gut finde.
Immer wieder Wahsinn zu sehen, was Griechen und Römer in relativ kurzer Zeit aus Marmorblöcken hingestellt haben. Dieser Aufwand, Steinbruch suchen, hinfahren, Blöcke schneiden, per Hand beackern, transportieren, aufeinanderwuchten, fertig bearbeiten, Aquädukte und Wasserversorgung errichten, Infrastruktur, Theater, midestens eines, ein Wahnsinn. Wichtig: in Schönheit sterben.
Und dann ging's nach Bergama, auf den typischen, 4-spurigen Bundesstraßen mit Bepflanzung in der Mitte. Alle paar Kilometer, wenn überhaupt so große Entfernungen, ne Ampel. 'Aggressive Nudging' nenne ich das. Man schafft maximal 2 Ampeln, dann ist wieder rot. Beliebt auch Gefälle mit minimum 10% Neigung und genau am Fuß eine immer rote Ampel. Bei den Bremsorgien sind die Kontakte von der Bremsverschleißanzeige durchgeschmort. Folge: Rad ab, neue rein, sonst leuchten immer die Warnlampen. Was ein Aufwand.
Volkssport der Türken: wer steht als erster an der roten Ampel. Kennt man von zu Hause. Sinnentleert. Hab mich so uffgeregt, dass wir dann auf gelbe oder weiße Strassen abgebogen sind und lieber den beschwerlichen Weg im Schneckentempo genommen haben. Ohne Ampeln. Dafür hört dann gerne die befestigte Straße auf und man kann schön offroaden.
In Bergama (Pergamon) war's wieder toll. Was für eine Stadt auf dem Berg. Riesige Arkaden wurden zur Abstützung des Tempels gebaut. Sollte ein zweites Athen werden. Den Zeus-Altar hat man nach Berlin befördert, an seiner Stelle steht nur noch ein Podest. Durchwandeln, reinversetzen. Empfehlenswert, den Berg runter zu Fuss durch die antike Stadt laufen. Viele Mosaike, zwei Gymnasien, Agoren, Stadtmauer, in sengender Hitze.
Auf der anderen Seite des Hügels ist das antike Asklepion. Eine Riesen-Klinik mit Sanatorium, Theater, Bibliothek, Wasserversorgung, Heilbrunnen, Vollausstattung. Die Heilhallen und Verbindungstunnel sind einzigartig und sehr gut erhalten bzw. restauriert.
Wir übernachten auf nem Campingplatz, treffen Pat und John aus Devon mit ihrem alten Landy (Lara, Laura, Linda, the girls with L). Aus dem Möggle wurde Mogli, und der hatte Laura mächtig lieb...